USA: „Big Beautiful Bill“ verabschiedet – ist die Staatsverschuldung tragfähig?
Am 4. Juli, dem Unabhängigkeitstag und bei geschlossenen Finanzmärkten, hat der US-Kongress endgültig das sogenannte „Big Beautiful Bill“ verabschiedet – das neue, höchst umstrittene Haushaltsgesetz, das maßgeblich von der Trump-Regierung vorangetrieben wurde.
Das Gesetz, von den US-Medien bereits mit dem vom Präsidenten selbst gewählten Spitznamen versehen, markiert einen Wendepunkt in der amerikanischen Fiskalpolitik. Einerseits beinhaltet es ein umfassendes Paket an Steuervergünstigungen für Unternehmen – insbesondere in der Industrie-, Energie- und Technologiesparte – mit dem erklärten Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit und die Beschäftigung zu fördern. Andererseits sieht es erhebliche Einschnitte bei den Staatsausgaben vor, darunter stark kritisierte Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsversorgung für sozial schwache Bevölkerungsgruppen.
Der Gesetzgebungsprozess war langwierig und politisch polarisierend. Innerhalb der Republikanischen Partei regte sich Widerstand insbesondere bei moderaten Senatoren, die sich um die Auswirkungen auf das Haushaltsdefizit sorgten. Dennoch gelang es Trump, durch eine Kombination aus politischem Druck und taktischen Zugeständnissen, die eigene Mehrheit zu konsolidieren und ein Gesetz durchzusetzen, das als Signal in Richtung der Präsidentschaftswahlen 2026 (Midterm Election) verstanden werden kann.

Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes ist die Debatte um die langfristige Tragfähigkeit der US-Staatsverschuldung neu entbrannt. Nach ersten Schätzungen des Congressional Budget Office (CBO) wäre das Defizit in diesem Jahr unter 6 % des BIP gefallen, falls die unter Präsident Biden eingeführten temporären Steuervergünstigungen nicht verlängert worden wären (blaue Linie). Der ursprüngliche Vorschlag des Weißen Hauses sah hingegen ein expansiveres Szenario mit einem Defizit von etwa 7 % im Jahr 2026 vor (gelbe Linie). Die „Big Beautiful Bill, ergänzt durch weitere Maßnahmen im Senat, dürfte zu einem noch höheren Defizit führen (rote Linie). Sollten diese Maßnahmen dauerhaft bestehen bleiben, droht der Schuldenpfad strukturell anzusteigen (gestrichelte Linie).
Die Trump-Administration weist diese Prognosen als übermäßig pessimistisch zurück. Laut Finanzministerium wird das Paket zu einer robusten wirtschaftlichen Erholung führen, die ihrerseits höhere Steuereinnahmen generiert. Hinzu kämen zusätzliche Einnahmen durch neu verhandelte Zollabgaben, mit denen das Handelsdefizit reduziert und die inländische Produktion gestärkt werden sollen.
Das Hauptproblem des Gesetzes besteht jedoch darin, dass es eine vertane Chance darstellt, um die wachsende Schuldenkrise strukturell anzugehen und dringend notwendige Reformen des Steuersystems sowie der Sozialprogramme wie Medicaid, Social Security und Medicare einzuleiten.
Die Finanzmärkte zeigen sich bislang wenig beeindruckt: Sie betrachten das 870 Seiten starke Gesetz als ein weiteres in einer langen Reihe umfangreicher Ausgabenprogramme, die zwar das Defizit erhöhen, kurzfristig aber keine unmittelbare Bedrohung für die Wirtschaft darstellen. Besonders umstritten ist die Einführung von Arbeitsanforderungen für arbeitsfähige Erwachsene, die nicht als bedürftig gelten aber ins Medicaid-Programm fallen. Das CBO schätzt, dass dadurch rund 11,8 Millionen Menschen ihre Krankenversicherung verlieren könnten. Für die Mehrheit der Amerikaner jedoch bleiben Steuern und Versicherungsschutz zunächst unverändert. Insgesamt bleiben die Finanzmärkte derzeit ruhig. Die Renditeabstände (Spreads) auf US-Staatsanleihen zeigen keine Anzeichen für Stress und der US-Dollar profitiert weiterhin von seiner Rolle als globale Reservewährung.
Doch das Gleichgewicht ist fragil – und die heutigen fiskalpolitischen Entscheidungen könnten langfristige und tiefgreifende Auswirkungen auf die Stabilität der US-Wirtschaft haben.
Veröffentlicht am 14. Juli 2025
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